08 - Old Surehand II by May Karl

08 - Old Surehand II by May Karl

Autor:May, Karl [May, Karl]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2011-02-10T23:00:00+00:00


„Gnade! Erbarmen!“ wimmerte und stöhnte er.

Es half ihm nichts. Der riesenstarke Häuptling trug ihn nach dem Baum, und der Apache kletterte hinauf, die Enden des Lassos zwischen den Zähnen. Oben angekommen, setzte er sich fest und ließ die nun zehnfach zusammengeflochtenen Riemen über einen starken Ast laufen. Nun zog er den Grafen mit den Lassos am Stamm empor. ‚Büffelstirn‘ schob; es ging langsam, aber sicher.

„O, laßt mich los, laßt mich los!“ rief der zu einem so fürchterlichen Tode Verurteilte. „Ich will euch dienen und gehorchen als der geringste von euren Knechten!“

„Ein Graf hat Knechte, ein freier Indianer aber nicht!“ lautete die Antwort.

Der Anblick der Alligatoren war jetzt entsetzlich. Die Lache war zu klein für sie, sie fanden keine Nahrung mehr in derselben. Sie hatten jahrelang gehungert, und nun sahen sie, daß sie Speise bekommen sollten. Sie hatten aus Mangel an Nahrung bereits sich selbst angefressen; dem einen fehlte ein Fuß und dem andern irgendein Stück seines Leibes. Jetzt drängten sie sich gerade unter dem Baum zu einem scheußlichen Klumpen zusammen. Ihre furchtbaren Schwänze peitschten das Wasser zu Schaum; ihre kleinen, tückischen Augen schossen giftige, begehrende Blitze, und ihre geöffneten Rachen schlugen mit einem Geräusch zusammen, welches gerade so klang, als ob man zwei starke Bretter zusammenschlage. Diese zehn Ungeheuer bildeten einen Knäuel, den man für einen einzigen gräßlichen Drachen mit zehn Rachen und ebenso vielen Schwänzen halten konnte. Der Gefangene sah das und schauderte. „Laßt mich frei, ihr Ungeheuer!“ brüllte er.

„Mein Bruder mag kräftiger ziehen!“ Diese Aufforderung an den Apachen war die einzige Antwort ‚Büffelstirns‘.

„So seid verflucht und vermaledeit in alle Ewigkeit!“ Diese Worte kreischte der Graf, indem seine blutunterlaufenen Augen vergebens nach Rettung suchten.

„Es ist genug“, sagte der Mixteka, der mit den Augen eines Kenners die Entfernung des Astes vom Wasser mit der jetzigen Länge des Lassos verglich. „Mein Bruder schlinge den Lasso um den Stamm des Baumes und mache einen festen Knoten!“ Der Apache folgte diesem Gebot. ‚Büffelstirn‘ hatte jetzt mit einer Hand sich am Baum gehalten, während er mit der anderen den Gefangenen gepackt hielt. Es gehörte eine riesige Körperstärke dazu. Wäre die Zeder nicht so stark gewesen, so hätte sie bei ihrer schrägen Lage unter der Last der drei Männer brechen müssen. Jetzt war der entscheidende Augenblick gekommen. Alfonzo sah und fühlte das und rief mit beinahe unartikulierten Lauten: „Seid ihr denn keine Menschen, seid ihr Teufel?“

„Wir sind Menschen, die einen Teufel richten“, antwortete der Mixteka. „Fahre hin!“

Ein gräßlicher, weithin tönender Schrei erscholl. Der Sprecher hatte Alfonzo losgelassen und ihm noch dazu einen kräftigen Stoß gegeben. Dieser Stoß schleuderte den Gefangenen vom Baum herab und über die Wasserfläche hinaus. Er schwang am Lasso hin und her, und allemal, wenn er während dieser Pendelbewegungen dem Wasser nahe kam, schossen die Krokodile empor, um ihn zu packen.

„Es ist gut. Mein Bruder komme herab!“ Der Apache folgte dieser Aufforderung ‚Büffelstirns‘ und stieg mit diesem vom Baum. Sie standen am Ufer und sahen diesem grauenhaften Schauspiel zu, bis die Schwingungen immer kleiner wurden und der Verurteilte endlich von dem Ast gerade herniederhing.



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